Zuerst war "Blair Witch Project", der uns im Jahre 1999 das Blut in Wallung brachte. Angeblich auf wahrem Filmmaterial einer Gruppe von drei Jugendlichen beruhend, die die grausame Legende der Hexe von Blair aufdecken wollen und danach nie wieder aufgetaucht sind, konnte der billig gemachte Streifen Millionen von US-Dollars einspielen und begeisterte eben solch ein Publikum. Danach wurde es im Wackelkameragenre allerdings erst einmal etwas ruhiger. Einige kleinere Streifen wie "Das St. Francisville Experiment" quetschten sich zwar dazwischen, waren aber meist nicht das Zelluloid wert, auf das gedruckt waren. Erst J.J. Abrams sollte mit "Cloverfield" wieder einen Hit mit Wackelkamera landen. Leider war das Endergebnis aber mehr als müde. Doch bevor J. J. "Cloverfield" brachte, hatten die Spanier bereits "Rec" auf die Beine gestellt, der in die gleiche Kerbe schlägt. Aufgrund des Erfolges von "Cloverfield" nun in die ganze Welt gebracht, beweist sich der spanische Genrebeitrag nun bei weitem als der Bessere!
"Rec" erzählt die Geschichte eines Fernsehteams, welches für eine unbedeutende Fernsehsendung eine Gruppe von Feuerwehrmännern bei ihrem Nachteinsatz begleiten will. Langezeit passiert nicht wirklich etwas Aufregendes und auch der erste Einsatz scheint zu Beginn alles andere als interessant zu werden. Doch dies ändert sich schnell, als das Team plötzlich auf eine blutüberströmte Frau trifft, welche wie besessen wirkt. Und als die Polizei das Gebäude plötzlich komplett abriegelt breitet sich Panik aus, wie geschaffen für das sensationsgeile Fernsehteam... Storymäßig haben sich Luis Berdejo, sowie Spaniens Top-Grusel-Regisseur und Schreiber Jaume Balagueró einiges einfallen lassen, was es im Wackelkameragenre so noch nicht gegeben hat und weit glaubwürdiger wirkt, als bei "Cloverfield" und Co. Auch wenn natürlich der Kern der Geschichte Horrorfantasie ist, so kann man sich mit der ganzen Geschichte doch teils recht gut identifizieren und fiebert dem Treiben gerne mit. Logiklücken werden größtenteils recht ordentlich umschifft und sind fürs Genre auch nicht gerade übermäßig groß ausgefallen. So macht ein solcher Streifen jedenfalls Laune.
Dabei sind es vor allem die gut kreierten Charaktere, die hier das Salz in der Suppe sind. Während einem die Figuren ja sonst bei solchen Filmen meist am Allerwertesten vorbei gehen, hat man den Figuren hier allesamt ein Gesicht verliehen, so dass man irgendwie mit allen mit fiebert. Egal ob es das unsympathische Duo vom Fernsehen ist, welches zwar die üblichen Klischees des sensationsgierigen Journalismus wiedergibt, dies aber nicht ganz ohne Sozialkritik macht, oder die Hausbewohner, die man so wohl fast in jedem Wohnhaus irgendwie antrifft, bis hin zu den Beamten von Polizei und Feuerwehr. Alle haben sie etwas, was sich lohnt näher anzuschauen und was sie beim Zuschauer nicht bedeutungslos werden lässt.
Hinzu kommt der relativ glaubwürdige Umgang mit der Kamera bzw. dessen Einsatz. Wo man sich sonst bei Filmen wie "Cloverfield" manchmal fragt, warum die Figur hinter der Kamera eigentlich auch noch in dieser oder jener Situation mit filmt, anstatt sich lieber in Sicherheit zu bringen, hat man hier schon aus der Begründung des Fernsehteams heraus eine ganz klare Erklärung dafür. Zumal es den Figuren hier auch kaum möglich ist, irgendwie zu fliehen, so dass auch dadurch die stetige Nutzung der Kamera nicht ganz so unglaubwürdig erscheint. Und an den Stellen wo sich eine Filmpause als logisch erachtet, wird hier in aller Regel auch wirklich eine gemacht. Zumal so manch nette Spielerei, wie das Kind welches die Kamera einmal aus Jux anstellt, das Zurückspulen mitten im Film oder das Kaputtgehen des Spots, für Aufsehen und eine gewisse Authensität sorgt.
Doch den allergrößten Pluspunkt erarbeitet sich das Treiben vor allem durch seine Atmosphäre, welche hier schlichtweg beissend ist. Wenn die Figuren in dem großen Haus unausweichlich eingesperrt sind, sich langsam Panik breitmacht und aus allen Ecken des Hauses plötzlich irgendwelche Stimmen zu hören sind, zittert auch das Publikum. Das Sounddesign ist mehr als trefflich geraten und für so manchen kalten Schauer über dem Rücken gut. Dazu ein paar ordentlich ausgefeilte Schockeffekte, welche selbst alten Horrorhasen so manchen Schrecken in die Glieder fahren lässt und so manch hübscher Gore-Effekt, welche ebenfalls nicht zu verachten sind. Im Sinne des Horrors liefert "Rec" jedenfalls verdammt saubere Arbeit ab!
Schade nur, dass es sich auch "Rec" nicht ganz nehmen lässt, mit dem Wackelkameraeffekt so manches Mal über die Strenge zu schlagen. Wie schon bei "Cloverfield" fragt man sich bei "Rec" nicht selten, was eigentlich gerade auf der Leinwand geschieht. Vor allem wenn es die Treppen rauf geht oder bei so manchem Kampfszenario wackelt die Kamera, als würde der Kameraführer durchdrehen. Sicher, für die Authensität und die Atmosphäre ist das Wackeln der Kamera nötig, schließlich handelt es sich nun einmal um einen Film, der gerade dadurch seinen Reiz zieht. Doch man muss als Macher solch eines Streifens schon höllisch aufpassen, dass man es mit diesem Effekt nicht übertreibt und dadurch den Zuschauer zu oft nicht erkennen lässt, was da auf der Leinwand nun gerade geschieht. Und das ist leider auch bei "Rec" öfters der Fall. Schade!
Dafür können aber die Schauspieler überzeugen. Auch wenn man viele von ihnen nicht kennt, wie so oft achten die Macher bei solchen Filmen natürlich darauf, nicht allzu bekannte Gesichter zu nehmen, so leisten doch alle hervorragende Arbeit. Am ehesten kennt man da vielleicht noch Manuela Velasco, aus dem abgedrehten spanischen Slasher "School Killer", sowie Carlos Lasarte aus "The Nameless". Und vor allem Letzterer ist in seiner Rolle wirklich herrlich anzusehen! Gut so!
Fazit: "Rec" beweist einmal mehr, dass die Spanier die aktuellen Meister in Sachen Horror sind. Unglaublich spannend, sehr atmosphärisch und sogar in einem gewissen Sinne glaubwürdig, erweist sich "Rec" als gelungener Wackelkamerahorror der besonderen Art. Auch wenn der Effekt als solches leider auch hier manchmal über die Grenzen hinaus ausgereizt wird, so können viele andere positive Punkte, diesen kleinen Kritikpunkt wieder ausmerzen. Wer sich also bei "Cloverfield" eher gelangweilt hat und wem "Blair Witch Projekt" zu harmlos war, der dürfte sich mit "Rec" mehr als wohlig unterhalten fühlen!
Wertung: 7,5+/10 Punkte